Man kann es mit der Gleichstellung auch übertreiben. Das gilt nicht nur für den Sport, wo – wie bei der Pariser Olympiade – neuerdings biologische Männer am Frauensport teilnehmen. Eine ähnliche Diskussion hat gerade das Pfälzer Weinbaugewerbe hinter sich. Dort gibt es seit 1931 die weltweit bekannte „Weinkönigin“, die als inoffizielle Schutzherrin und Repräsentantin der Pfälzer Weinkultur gilt. Sie tritt normalerweise mit einem kleinen Krönchen auf dem Kopf in Erscheinung und verleiht regionalen Weinfesten Charme und Glanz. Eine der bekanntesten Weinköniginnen war die frühere CDU-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner.
Der Marketing-Verein „PfalzWein“ wollte die „Weinkönigin“ modernisieren. Im Juli teilte er mit, daß es die vertraute Weinkönigin künftig nicht mehr geben solle und daß stattdessen ein modernes Trio die regionale Weinkultur repräsentieren solle: das „PfalzWeinBotschafterInnen“-Trio. Auch Männer sollten zu dem neuen Gremium Zutritt haben. Ein Kandidat für die erste männliche „Weinhoheit“ stand auch schon fest.
Doch die Wein-Funktionäre machten die Rechnung ohne den Wirt und wurden vom Ausmaß des Protestes überrascht. Eine Online-Petition wurde ins Leben gerufen, in der gefordert wurde: „Bewahren Sie das Amt und den Titel der Pfälzischen Weinkönigin“ – sie wurde innerhalb kurzer Zeit von tausenden Unterstützern unterschrieben. Aber auch Institutionen wie das Deutsche Wein-Institut oder der Verein der Kultur- und Weinbotschafter Pfalz beschwerten sich darüber, daß sie in die Entscheidung der Wein-Funktionäre nicht eingebunden worden waren.
Mehrere Landräte drohten, den Vorstand von „PfalzWein“ zu verlassen, und eine der früheren Weinköniginnen, die CDU-Europaabgeordnete Christine Schneider, beharrte auf Facebook darauf, daß die traditionelle Weinkönigin mit ihrem Krönchen wichtig sei – sie stehe „für Wissen und Leidenschaft für unsere Heimat und unser Kulturgut Wein“. Es gelte, die Tradition zu bewahren.
Der Neustädter Oberbürgermeister Marc Weigel wurde noch deutlicher. Er wetterte gegen die geplante Geschlechter-Aufweichung und argumenierte, „das Glamouröse und Märchenhafte gehört zur Figur. Das läßt sich nicht so einfach auf einen Mann übertragen, nur weil man sagt, wir leben in einer gleichberechtigten Gesellschaft und alles muß allen Geschlechtern offenstehen.“ Der ganze Weinbotschafter-Plan sei ein „historischer Fehler“.
„PfalzWein“ kapitulierte schließlich und stellte in einer Pressemitteilung eingeschnappt fest: „Einerseits möchte man als moderne Weinregion wahrgenommen werden, kettet sich andererseits aber an Traditionen“, kritisiert der Vorsitzende Boris Kranz darin. „Die Region ist teils nicht so weit, das mitzutragen.“ Die Modernisierungspläne sind damit erst einmal vom Tisch – und es bleibt auch weiterhin, wie seit 1931, bei der bewährten Weinkönigin.